Korneuburg
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Ungarnkrise - persönlich erlebt.
Das Jahr 1956 war für mich ein Jahr der persönlichen Weichenstellung. Am 15. Oktober 1956 ruckte ich freiwillig mit den ersten Soldaten der 2. Republik in die Artillerieschule nach Baden bei Wien em.
Jahrelang hatten wir jungen Leute immer die Aussage ,,Österreich ist nicht frei" vor Augen, seit dem 15. Mai 1955 hatten wir die Gewissheit, wieder Burger eines souveränen Staates zu sein. Der Eindruck insbesonders der sowjetischen Besatzungsmacht und die Verhaltensweisen vieler ihrer Soldaten machte uns junge Burschen sehr wehrwillig und wir waren willens, dass so etwas nie wieder bei uns passieren darf", gemeint waren die mehr oder weniger bewusst erlebten Schrecken des Kriegsendes und der frühen Nachkriegszeit als ausländische Soldaten ihre Macht und Brutalität demonstrierten. Auch die permanente psychologische Berieselung, die uns die Sowjets als chronisch bös verkaufte war sicherlich mitbeteiligt unser Weitbild sehr einseitig zu erschaffen.
Die ersten Tage des Eingewöhnens beim Bundesheer waren nicht gerade aufregend. Vielleicht war es die Unsicherheit vieler ehemaliger Kriegsteilnehmer im Offiziers- und Unteroffizierskorps, wie denn mit Soldaten im Heer eines demokratischen Staates umzugehen sei, die uns viel überlieferten Schrecken, sprich Schleiferei ersparte. Unsere Ausrüstung war nicht schlecht, abgesehen von leichten Waffen war eigentlich der überwiegende Teil der Ausrüstung der Zeit entsprechend.
Der damaligen Zeit entsprechend war unser Informationsstand sehr gering, was um unser Land herum geschah war uns weitgehend unbekannt. Tageszeitungen zu lesen war keinesfalls Standard, so verblieb als das Verbreitetste Informationsmedium das Radio. Regelmassige Fernsehsendungen gab es in Österreich erst ab 1. Jänner 1957 (1). Radio hatten wir natürlich auch nur in der Kanzlei des Batteriekommandanten, so lebten wir eigentlich recht unbekümmert und uninformiert in den Tag.
Eines Tages, es könnte der 24. Oktober 1956 gewesen sein, lief ein Gerücht in der Kaserne, in Ungarn soll eine Revolution ausgebrochen sein, die Ungarn sind dabei, die Sowjets zu vertreiben. Das wurde von uns als sehr positiv beurteilt, denn Ungarn stand uns gefühlsmassig sehr nahe, die Sowjets - siehe oben - konnten wir nicht leiden. Leider wendete sich das Blatt sehr schnell und der Aufmarsch der Sowjets und deren Kampfe gegen die Ungarn sprachen sich noch rascher herum - und wir hatten plötzlich das Gefühl, jetzt werden wir gebraucht, aber wir hatten zu diesem Zeitpunkt so gut wie keine Ausbildung.
Am 26. Oktober war es so weit, die Bundesregierung entschloss sich, das Bundesheer an die Grenze zu schicken, der Befehl war dem erwarteten Flüchtlingsansturm angepasst: ,,Die Feuereröffnung hat nur dann zu erfolgen, wenn die Grenze von bewaffneten Einzelpersonen oder Formationen überschritten und der Aufforderung zur Rückkehr über die Grenze oder der Niederlegung der Waffen nicht Folge geleistet wird." (2) Allerdings spitzte sich die Lage dramatisch zu und es war zu befürchten, dass die Rote Armee nicht nur Ungarn, sondern auch unser Hoheitsgebiet wieder besetzt. So kamen auch wir Artilleristen mit allen Waffen und gut aufmunitioniert an die Grenze. Am 28.10.1956 wurde der Einsatzbefehl noch deutlicher formuliert: ,,Auch gegen sowjetische Einheiten ist, wenn sie sich nicht zurückziehen und den Kampf fortsetzen, das Feuer zu eröffnen. Die Eindringlinge sind zurückzuwerfen bzw. zu entwaffnen" (2). - und wir waren damals bereit, gegen den übermächtigen Gegner zu kämpfen.
Die Gerüchte an der Grenze wurden natürlich weitergegeben, das absurdeste Gerücht war wohl: ,,Wenn uns die Sowjets angreifen, kommen uns in wenigen Stunden die Amerikaner zu Hilfe". Heute wissen wir, daß die Amerikaner niemals die Absicht hatten, uns zu helfen. Genauso wurde die Umsetzung der angeblich von Radio Free Europe ausgestrahlten Nachricht an die heldenhaften ungarischen Kampfer in Budapest, die gelautet haben soll: ,, Harret aus, wir kommen", niemals ernsthaft erwogen, aber das weiß man erst aus der heutigen Geschichtsforschung. Es waren eben Gerüchte im Umlauf.
Wir lagen in Stellung und waren feuerbereit, wir lernten während der Bedrohung für den Ernstfall. Keine Frage, wäre der Ernstfall eingetreten, hätte es ein Blutbad von ungeheurem Ausmaß gegeben. Nach einigen Tagen entspannte sich für uns die Lage. Wir kehrten nach Baden zurück, aber ich wurde sofort weitergeschickt und als Wache im Flüchtlingslager Traiskirchen eingeteilt. Wir hatten ungeheure Sympathie für die Ungarn. Wir spendeten sogar einen Teil von unserem geringen Taggeld von S 5.-(Schilling fünf!!!), das entsprach übrigens dem Gegenwert von 10 Zigaretten Austria 3" (S 1,80) und einem Krügel Bier (S 3,20). Allerdings waren auch einige Leute im Lager, die Unruhe hervorriefen. War es die psychische Belastung, oder waren es Provokateure, das kann ich wegen der großen zeitlichen Entfernung nicht sagen, damals störte es mich jedenfalls gewaltig und ich begann die Flüchtlinge differenzierter zu sehen.
Mitte Dezember konnte ich zum ersten Mal heimfahren und auch zu Weihnachten kam ich nach Hause, da waren Ungarn schon in der Albrechtskaserne untergebracht und darüber habe ich in den letzten Monaten eine große, aber leider nicht komplette Datensammlung zusammengetragen. Der Grund für die Unvollkommenheit des Datenmaterials ist darin zu suchen, daß zu Beginn des Flüchtlingsstromes zwar alle Daten im Auftrag der UN genauestens erfaßt wurden, in weiterer Folge aber, vermutlich wegen des Endes der Flüchtlingswelle aufgrund der Verminung des Eisernen Vorhanges, keine umfassenden Berichte mehr erforderlich waren - die weltweit beobachtete ungarische Tragödie wurde zu einer österreichisch - ungarischen Nachbarschafts- und Grenzangelegenheit.
Die Gebäude des ,,Ungarnlagers".
Das Flüchtlingslager war in den nach dem 2. Weltkrieg verbliebenen 4 Qbjekten der ehemaligen Albrechtskaserne, voller Name: ,,Feldmarschall Erzherzog Albrecht Kaserne" (3) und dem von der deutschen Wehrmacht 1939/40 errichteten ,,Kammergebäude" (4) an der Ecke von Liebleitner Ring und Chimanigasse. (heute Volksheim, Volkshochschule) untergebracht. Das Haupt- bzw. Stabsgebäude der Albrechtskaserne an der Stockerauerstraße wurde im Jahr 1945 zerstört. Die Albrechtsgasse, an der das westliche Mannschaftsgebäude lag, war abgeriegelt und wurde erst nach 1959 wieder geöffnet. (4) Die freie Fläche westlich der Albrechtsgasse wurde nach Abzug der sowjetischen Besatzungstruppen fallweise für Zirkusse zur Verfügung gestellt und diente bis Ende der 60 - er Jahre auch ais Abstellplatz für die Tankwagen der Firma Molzer.
Das westliche und das östliche Mannschaftsgebäude war jeweils für 3 Kompanien des Eisenbahn- und Telegraphenregiments konzipiert, d. h. für rund 350 bis 400 Mann je Gebäude das an der Chimanigasse gelegene Schulgebäude war etwas kleiner und zwischen den beiden Mannschaftsgebäuden lag das noch kleinere ehemalige Unteroffizierswohnhaus mit Arrestzellen. (3) Die Küche war, soweit wir es rekonstruieren können, im Kammergebäude untergebracht. Dieses Gebäude hatte an der Seite zum Liebleitner Ring in der Zeit der sowjetischen Besetzung eine kleine Laderampe" etwa auf Höhe der 4 Fensterachse, von der Chimanigasse aus gesehen. Für heutige Verhältnisse erstaunlich ist der Umstand, daß der Keller des Kammergebäudes als Erdgeschoß" betrachtet wurde und folglich das Gebäude 2(!) Obergeschosse aufwies. (4)
Der alte Bestand der Albrechtskaserne wurde aufgrund eines Gemeinderatsbeschlußes vom 18. Juni 1889 von der Stadt Korneuburg errichtet und dem Militär auf 40 Jahre vermietet. Diese Kaserne war daher immer Eigentum der Stadt Korneuburg. (3) Das Kammergebäude wurde allerdings von der deutschen Wehrmacht vorerst auf eigene Rechnung und ohne Berücksichtigung der Eigentumsverhältnisse errichtet und erst mit Mietvertrag vom 14. Juni 1940 zwischen Reichsfiskus und Verwaltung der Kreisstadt Korneuburg wurde das Eigentumsrecht der Stadt anerkannt. Dies führte nach dem 2. Weltkrieg noch zu rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Finanzprokuratur und Stadtverwaltung. Die rechtliche Unklarheit wurde zwar bereits 1956 durch die BGV II (Bundesgebäudeverwaltung II) zugunsten der Stadt Korneuburg entschieden, aber erst nach und nach durchgesetzt. (4)
Trotz der nun sicheren Rechtslage wurde im Jahr 1957 ein Betrag von S 1,5 Millionen für die Renovierung der Albrechtskaserne als ,,Militärisches Bundesobjekt" bewilligt. (8)
Die Entwicklung des Flüchtlingslagers in Korneuburg
Am Ende des Sommers 1955 verließen die sowjetischen Besatzungssoldaten die Kasernen in Korneuburg und ich kann mich an keine Bautätigkeit oder Reinigungseinsatze im Bereich der Albrechtskaserne erinnern, obwohl ich nicht weit davon wohnte und praktisch täglich mindestens zweimal vorbeikam.
Als der Zustrom ungarischer Flüchtlinge einsetzte, muß durch das Bundesministerium für Inneres eine Blitzaktion eingeleitet worden sein, denn die ,,russischen" Verhältnisse waren in weniger als 2 Monaten zu halbwegs menschenwürdigen Zuständen geworden. Über den Mitteleinsatz und die Erstlieferungen an Betten und Innenausstattung konnten keine Daten gefunden werden. Es ist jedoch realistisch anzunehmen, daß vorerst - ohne entsprechende finanzielle und materielle Hilfe des Auslandes - auf Wunsch der Bundesregierung das Lager aufnahmebereit gemacht wurde und es wurde am 19.12.1956 erstmals mit 966 Flüchtlingen belegt. Am 24.12 1956 waren 536 Personen, davon 79 Kinder im Lager Korneuburg, der Abgang von 430 Personen gegenüber dem 19.12. ist nicht belegbar. (5)
Bereits am 17.12.1956 war das Lager Stockerau mit 1634 Personen, davon rund 230 Kinder belegt worden. In nicht naher beschriebenen Privatunterkünften waren 50 bis 60 Personen untergebracht, im Gasthaus Stiedl in Wümitz ca. 50 Personen und im Schloß Sierndorf 10 bis 20 Personen. (Die angeführten ,,Cirka" - Zahlen entsprechen der Dokumentenlage) (5) Genaue Lagerstatistiken wurden erst ab 28.12.1956 geführt und sind für das Lager Korneuburg bis 5.5.1957 erhalten. (siehe unten)
Die überlieferte Meinung, daß das Lager Korneuburg nur durch Hilfe aus Schweden betrieben werden konnte, ist nicht beweisbar, diese Aussage soll jedoch keinesfalls die Leistungen der Schweden herabsetzen welche großzügig Hilfe zur Verfugung stellten. Desgleichen leisteten auch die Niederländer großzügig Hilfe, sie bauten zum Beispiel das heute noch erhaltene ,,Königin Juliana Gymnasium" für gefluchtete ungarische Mittelschüler auf dem Iselsberg in Kärnten. Allerdings soll das nunmehr sehr betagte Gebäude im Jahr 2001 abgerissen werden.
Ebenfalls nicht beweisbar ist, daß ein oder mehrere Lager für Angehörige bestimmter Religionsgemeinschaften reserviert waren. Dieses Vorurteil durfte auf eine zeitliche Verwechslung zurückzuführen sen: Das Lager Korneuburg wurde grundsätzlich als ungarisches Flüchtlingslager geführt und es waren noch 121 Ungarn am 9. Februar 1959 im Lager, welche bis Ende März zum Teil auswanderten oder in andere Lager verlegt wurden. Anschließend wurde das Lager Korneuburg an die Jewish Agency for Israel" für die Unterbringung rumänischer Juden, die nach Israel weiterreisen sollten, vermietet. Der Mietvertrag wurde allerdings erst am 24.10.1960 für die Zeit vom 1.3.1960 bis 31.12. 1962 abgeschlossen. Laut Aktennotiz teilte Herr Rauchbüchel dem Innenministerium den Gemeinderats - Beschluß vom 16.4.1963 mit, wonach der Mietvertrag bis zum '31.12.1965 verlängert wurde. Das fehlende Jahr (1.3.1959 bis 28.2.1960) durfte für Renovierungsarbeiten, die das Bundesministerium für Landesverteidigung anregte, genutzt worden sein. (6)
Die Kapazität des Lagers Korneuburg wurde Mitte März 1957 mit 700 Personen angenommen, (5)1959 wurde die Schätzung- offenkundig in Zusammenhang mit den Renovierungsabsichten - auf 1.000 Personen erhöht (6). Vom Beginn scheint ein wirkungsvolles Beschäftigungsprogramm für die Flüchtlinge existiert zu haben, denn es kam zu keinerlei nennenswerten Streitigkeiten unter den Lagerinsassen, während es in Stockerau - das kann natürlich auch am größeren Belag gelegen sein - im Frühling 1957 zu Gewalttätigkeiten unter den Flüchtlingen, aber auch gegenüber der einheimischen Bevölkerung kam.
Die BeIagstärke im Lager Korneuburg vom 28. Dezember 1956 bis 5. Mai 1957 (5)
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Bis zu diesem Datum waren die offiziellen Zahlen verfügbar. Per 31. Jul 1957 sind 534 Flüchtlinge im Lager Korneuburg registriert, per 30. September 566 und per 30.November 1957 551 Personen. (7) Insgesamt durften zwischen 2.500 und 3.000 Personen das Korneuburger Lager benützt haben, es war also ein sehr kleines Lager.
Erläuterungen zur Tabelle
Per 19. Jänner 1957 wurde eine ,,Sozialstatistische Erfassung" unter der Aktenzahl 200571-10 UH/1957 von den Dienststellen der Republik Österreich durchgeführt. Der signifikante Anstieg der Aufnahmen ins Lager Korneuburg, ab 20. Jänner 1957 dürfte damit zusammenhangen, da~ die katholische Hilfsorganisation ,,Caritas" die Zahlungen für Quartiere in Gasthäusern einzustellen beabsichtigte, was per 16.2. wirksam wurde. Im Februar wurden auch die Privatquartiere aufgelöst und die Flüchtlinge in die Lager gebracht. (5)
Bereits von Anfang der Betreuungstätigkeit durfte Herr Johann Hornek, Vertragsbediensteter, als Lagerleiter gewirkt haben, der für die Technik Verantwortliche war der Vertragsbedienstete Josef Ohlschnögger. Beide Herren wurden vom Innenministerium per 2. April 1959 der ,,Jewish Agency" als überaus erfahrene Verwaltungsangestellte empfohlen, akzeptiert, und auf deren Lohnliste gesetzt. (9)
Wie bereits oben erwähnt wurde in Korneuburg von Beginn an großer Wert auf Beschäftigungstherapie gelegt, um einem allfälligen Lagerkoller vorzubeugen. So wurden in der Zeit zwischen 17.2. Und 9. 3.57 folgende Gegenstande ins Lager geliefert:
Für heutige Verhältnisse mag das lächerlich und gering erscheinen, für die damalige Zeit war es allerdings erheblich wertvoller. Weiters ist zu bedenken, daß dies nur Hilfe aus Bundesmitteln war und deshalb dokumentiert ist, die viele privaten Zuwendungen sind nicht erfassbar.
Die Zeiten wurden kälter.
In der Zeit von 23.10.1956 bis 13.09.1957 kamen insgesamt 171.369 ungarische Flüchtlinge nach Österreich, von denen 5.343, trotz zu erwartender Probleme nach Ungarn zurückgingen. (10) Um entsprechend viele Ungarn zur Rückreise zu bewegen arbeitete in Österreich die ungarische Repatriierungskommission, die allerdings bereits am 30.04.1957 ihre Tätigkeit einstellte. (11)
In der Zeit vom 22. Bis 25. März 1957 arbeitete in Österreich ein Kommission der UNO. Diese Kommission wurde, auf Druck der UdSSR, nicht gerne gesehen und es wurde von der österreichischen Regierung minimaler protokollarischer Umgang festgelegt. (7)
In der Zwischenzeit wurden seitens des neuen Regimes in Ungarn die sogenannten technischen Grenzsperren, sprich der Stacheldraht und die Minenfelder des ,,Eisernen Vorhanges" erneuert. Die politische Propaganda wurde ungeheuer verstärkt und ich fand bei der Auswertung der Archivdaten eine große Anzahl von Akten, die von konstruierten Grenzzwischenfallen und angeblichem Waffenschmuggel durch das Rote Kreuz berichteten. Es wäre ein riesiges Buch mit den Produkten - in diesem Fall - kommunistischer Propaganda zu füllen. Es wurde sogar von den ungarischen Kommunisten gegen eine Luftraumverletzung durch Österreichische Düsenjäger protestiert, die unser Bundesheer zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht besaß. Unwahrheiten in die Welt zu setzen, um die Eigeninteressen in besserem Licht erscheinen zu lassen, ist nun einmal das ,,Recht" der Supermächte.
Es ist nur schade, daß durch die Angst des kommunistischen Systems vor einem Hauch von Freiheit, die Jahrhunderte alte, gute Beziehung zwischen zwei Nachbarvölkern unterbrochen wurde.
Das Ende des ,,Ungarnlagers" in Korneuburg. (6)
Am 6. Februar 1959 lehnte das Bundesministerium für Inneres die gemeinsame Unterbringung von ungarischen und rumänischen Flüchtlingen in der Albrechtskaserne ab und stellte fest: ,,Sobald das Lager von ungarischen Flüchtlingen freigemacht wird, geht die Verfugungsberechtigung über dieses Lager in vollem Umfang an die Eigentümerin, die Stadtgemeinde Korneuburg über."
Der Burgermeister von Korneuburg, Franz Guggenberger, teilte am 19. Februar 1959 dem Leiter der Sektion II im Bundesministerium für Inneres mit, daß das Bundesheer seit längerer Zeit mit der Stadtgemeinde Korneuburg wegen Überlassung der derzeit als Ungarnflüchtlingslagers dienenden Kaserne für militärische Zwecke verhandelt und daß zu diesem Zweck bereits mehrere Begehungen unter Leitung von General Waldmüller stattgefunden haben. Die Plane des Bundesheeres waren:
Allerdings war der Burgermeister auch mit dem Palästina Amt wegen Vermietung als Transitlager fur rumänische Emigranten in Verhandlung.
Am 24. Februar 1959 Teilt das Bundesministerium für Landesverteidigung mit, daß es an einer Benutzung für militärische Zwecke unbedingt interessiert ist, aber aus budgetären Gründen im Jahr 1959 nicht davon Gebrauch machen kann.
Am 25.02.1959 gibt das Bundesministerium für Inneres, nach Rucksprache mit dem Bundeskanzleramt, dem Burgermeister die Zustimmung, mit dem Palästina Amt (Jewish Agency for Israel) zu verhandeln. Und damit wurde aus dem Ungarnlager nach zwei Jahren und drei Monaten ein Rumänenlager.
Zu diesem Zeitpunkt, (Inventur vom April 1959, BMI ZI. 201311 - 10 UN/59 vom 4. Mail 959) verfugte das Lager noch über folgendes Inventar in gutem Zustand..
30 Jahre später war ich Augenzeuge, als ich geschäftlich in den Ländern des Ostblocks unterwegs war, wie die Ostdeutschen über die Mauer der westdeutschen Botschaft kletterten. Am Abend bevor Ungarn die Grenze nach Osterreich öffnete, fragte mich in Mosonmagyaróvar noch ein Ehepaar aus der DDR, wo es hier nach Österreich geht. Ich war Augenzeuge der großen Demonstration am Wenzelsplatz in Prag, als Vaclav Havel zu den Menschen sprach und Karel Gott ein patriotisches Lied sang. Am Tage als die kommunistische Regierung in Prag unter dem Druck des Volkes aufgab, war ich mit dem Auto unterwegs nach Polen und erlebte die Freude der Menschen in der damaligen Tschechoslowakei. Und ich war der erste österreichische Staatsbürger, der ohne Visum, von Ungarn kommend, in die Tschechoslowakei einreisen durfte.
Und jedesmal mußte ich daran denken: ,,Die Ungarn im Korneuburg Lager hatten sich 30 Jahre Kummer und Sorgen erspart".
Quellen:
Photos courtesy of Mr. Franz Kaupe,
Korneuburg